Mal davon abgesehen, dass jeder von uns im Bett ein Drittel seines Lebens verbringt, ist es auch als langer Mensch toll eine großzügige Schlafmöglichkeit zu haben. Natürlich und aus Holz soll es werden, also auf zu Holzhändler und astfreie Tanne geholt. Die wird hier im Kinzigtal im Umkreis von 20 km eingeschlagen und kommt direkt zum 5 km entfernten Sägegatter. Nachhaltiger gehts dann auch nicht mehr. Mangels LKW und zugehörigem Führerschein kam die erste Charge im schwedischen Kombi zur Werkstatt.
Auch wenn der Tannenduft im Auto verlockend ist, beschränkt sich die Ladekapazität auf maximal 3 Meter. Zum Glück hat der Elch auch eine Anhängerkupplung. Mit geliehenem Anhänger lassen sich problemlos auch die ganz großen Bohlen nach Hause bringen.
Das teils noch relativ feuchte Tannenholz jetzt erstmal in die Werkstatt bringen und die Bretter begutachten. Zum Teil sind heftige Verwüchse drin. Besser man hat ein paar Hölzer in Reserve. In der Zwischenzeit habe ich mich der Gestaltung angenommen. Zuerst war ein sehr großes Bett geplant. Nach dem Vorbild "Day Bed" von Mies van der Rohe wäre mit den Maßen von 2 x 4 Metern eine imposante Liegelandschaft mit ingesamt 4 Matratzen entstanden. Tatsächlich ist das Handling von 4 Meter langen Kanthölzern nicht trivial, was ich schmerzlich erfahren musste. Also anders ...
An den Zuschnitten ist die Reduktion des Gesamtmaßes deutlich zu sehen. Es läuft auf eine zivilere Variante mit zwei "einsvierziger" Matratzen raus. Also immerhin noch 2 x 2,8 Meter und alles im etwas modernen Design.
Wie gesagt, da war noch Wasser im Holz. Wer zu wenig Geduld hat, bekommt die Rechnung in Form von verzogenen Brettern. Also immer besser ein "Angstholz" einkalkulieren. Nach endgültiger Trocknung ging es dann an die eigentliche Arbeit: Schneiden und Hobeln auf Maß und Verleimen.
Die Konstruktion ist auf möglichst einfache Verbindung und wenig Teile ausgelegt. Des Weiteren gilt es keine einzige Schraube zu verwenden. Nicht wegen fließenden Energien im Schlafumfeld oder sowas, sonder aus Prinzip! Unsere Großväter haben das doch auch geschafft. Also Zapfen und Nuten, was dann auch die meiste Arbeit darstellt. "Gespaxt" ist schnell, aber Fräsen dauert.
OK, früher wurde gestämmt und gesägt - nix mit Fräse. Da gab es dann aber auch keine kleinen Brandherde wie im folgenden Bild zu sehen. Bei genauer Betrachtung sieht man es leicht qualmen.
Mit der richtigen Schablone ging die Arbeit gut von der Hand. Es ist allerdings wichtig das Werkzeug bzw. den Fräser zu wechseln bevor er stumpf ist. Erstens wegen der Brandgefahr und zweitens natürlich der Sauberkeit der Nuten wegen. Jetzt kann man schon gut die Wangen des Bettes erkennen.
Nur im mittleren Bereich sind die Latten-Abstände kleiner, um den Körperschwerpunkt gut zu stützen. Das spart Material und macht aus der Aldi- eine Drei-Zonen-Matraze! Was fehlt sind die Latten die gleichzeitig Stabilisierung, Verbindung und Lattenrost sind. Zwecks Stabilität werden sie hochkant eingesetzt und sind 78 mm stark. Die passenden Federn werden ebenfalls mittels selbst angefertigter Schablone auf die Stirnseiten gefräst.
Da, wo es schwarz ist, hat sich der Schaft des Fräsers sukzessive eingearbeitet. Manche Steckverbindungen sitzen folglich etwas mehr oder weniger satt. Zum Glück kann man sich ja alles nachfertigen. Nach dem Entgraten kann es an den Zusammenbau gehen. Doch zunächst noch ein Kopfteil anfertigen. Gepolstert und mit Stoff bezogen wird es lediglich auf die Latten gesteckt.
Aber jetzt! Totz Krankheit konnte ich mir das Zusammenstecken nicht verkneifen und habe das neue Bett zügig aufgebaut. Ohne Schrauben und aus lediglich drei unterschiedlichen Bauteilen bestehend ist der Aufbau ein Genuss!
Die zwei wesentlichen Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Erstens die Stabilität ist grandios - das Bett ist eine Einheit. Zweitens die Matratzen rutschen trotz fehlender Begrenzung nicht nach vorne. (Eine Einrahmung habe ich aus gestalterischen Gründen nicht übers Herz gebracht.)
Das Holz bleibt unbehandelt, dann können die ätherischen Öle gute Träume bescheren!
Nachtrag:
Als audiophiler Mensch ist es wichtig auch im Schlafzimmer adäquat beschallt zu werden. Diesmal wollte ich Bändchenhochtöner ausprobieren und habe mit einen Bausatz aus der Zeitschrift HobbyHifi aus den Resten des Bettes Lautsprecher gebaut. Entsprechend abgeschrägt und aus massiven Tannenholz habe ich die Gehäuse vor dem verleimen leergebohrt. Der Tieftöner war leider so unansehnlich, dass er eine Abdeckung verpasst bekommen hat. Lautsprecher sind ebenfalls mit Nut und Feder auf die Ständer gesteckt. Das Kabel findet seitlich sehr dekorativ seinen Zugang.
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