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KlangschöN

Christoph Tschaar

Aktualisiert: 25. Juli 2024

Ein Erfahrungsbericht über das, was mein Holzhandwerk in Schwingung versetzt.



Guter Klang ist das Produkt aus vielen Einzelteilen, wie Lautsprechern, Verstärkern und sogar den Sitzmöbeln. Da ist es umso schöner, wenn jede einzele Komponente etwas Besonderes hat. So versuche ich mit meinem Handwerk möglichst viel massives Holz gekonnt einzusetzen. Auf Seiten der Elektronik habe im letzten halben Jahr viele Erfahrungen gesammelt, die guten Klang ausmachen und manchmal sogar hübsch anzusehen sind, wie die Elektronenröhren im obigen Bild.


Die Grundlage des ganzen Tuns wird in einem Werbefilm der Firma Telefunken wunderbar zusammengefasst.



Der schöne Klang kann, laut Werbung, nur durch gute Röhren verstärkt werden. Dass in diesem Film sehr viel Wahrheit steckt, werde ich nun beschreiben.

Für mich ist Klangschönheit dann erreicht, wenn mich die Musik erfüllt, mitnimmt und ich mir keine Gedanken mehr mache, ob hier oder da noch etwas besser klingen könnte.

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Dass es dazu keine kiloschwere Elektronik mit 5-stelligen Preisen braucht, beweist folgest Gerät.



Der Verstärker "Old Buffalo" aus China ist, was CE-Konformität angeht, sicher kein Vorbild. Dafür bekommt man für Summa summarum 180 € ein kleinen aber extrem feinen Verstärker. Jetzt habe ich die Vorstufenröhren durch gute alte AEGs und die Endstufenröhren durch sowjetische Röhren, für 2 € pro Stück getauscht.



Das Gerät spielt extrem lebendig oder, um mit den Worten von Kay zu sprechen, auf dessen Empfehlung die ganze Geschichte fußt, "da fällt Musik raus".

Voraussetzung sind einfach anzutreibende Lautsprecher wie Breitbänder à la Le Petit. Auch an meinen SpecHörnern funktioniert das so hervorragend, dass der zweite Old Buffalo schon auf dem Weg ist und der erste in meiner Werkstatt spielen darf.


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Ein wenig länger am Spielen ist ein Nachbau des Marantz 7 Vorverstärkers. Hier habe ich mit guten DDR-Röhren und einem vernünftigen Poti nachgeholfen.



Der Tausch der Röhren ist immer simpel, aber das neue Potentiometer hat nur mit viel Nacharbeit gepasst. Nach Fräsen an der Platine und verlegen einer Leiterban, dankt es einem der Vorverstärker mit deutlich mehr Detail und Tiefe im Klangbild. Ein wenig Nervenkitzel ist immer dabei, denn man weiß nie, ob am Ende alles funktionieren wird.



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Noch ein Stück weiter vorne in der Kette der Klangerzeugung steht mein Rega Plattenspieler. Der spielt mit seinem Denon DL 103 noch besser, wenn man den Kabelbaum im Inneren durch einen hochwertigen ersetzt. Baum ist hier allerdings übertrieben, denn man fürchtet bei jedem Handgriff die dünnen Käbelchen zu zerreißen.



Dennoch ist die Qualität der Kits von Brittaudio über alles erhaben und der Klang ist jetzt viel klarer und vor allem ohne Verzerrung bei Dynamikspitzen. Bis hierhin hat sich jede Empfehlung von Thorsten alias SnakeOilAudio ausgezahlt und die letzte kommt noch.

Doch zwischenzeitlich hatte ich noch, eher aus liebe zum Werkstoff und der schönen Farbe, eine neue Matte aus Kaschmir gemacht.



Der positive Effekt, den ich mir durch die Brettchen erhofft hatte, war mit Tausch der Filzmatte plötzlich da. Es ist faszinierend, wie einfach und vor allem günstig solche Optimierungen sind.


Und schlussendlich brauchte ich noch eine Entzerrung bzw. einen Phonovorstärker. Auch hier hatte ich keine Lust viel Geld auszugeben und fand die kleinen, diskret aufgebauten Geräte von Otto einfach nur schick.

Am Ende stecken in diesem Plattenspieler um die 1000 € und er klingt viel besser als mein viermal so teurer CD-Spieler, der bisher immer das Maß der Dinge war.


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Das Beste kommt zum Schluss. Seit der Highend 2022 weiß ich, dass die 300B-Röhren von Western Electric für mich dem Ideal der Musikwidergabe am nächsten kommen. Ich habe bisher keinen anderen Verstärker erlebt, der Musik so frei in den Raum stellt und so greifbar macht. In kleinen, kleinen Schritten habe ich mich dem Ziel genähert und es endlich erreicht.



Um es vorweg zu nehmen: die 300B von Western Electric ist wirklich so gut wie ihr legendärer Ruf bzw. wie ich sie damals gehört hatte und nein, man muss keine 18.000 € für den originalen Verstärker aus gleichem Hause investieren, um in den Genuss dieses Klanges zu kommen.


Was ich getan habe, ist, einen sehr ordentlich gebauten 300B Verstärker aus China zu kaufen. Dann habe ich auf Empfehlung erfahrener Kollegen beim Tüddelfest die Röhren der Vorstufe aufgewertet. Eine Telefunken und zwei RCAs übernehmen jetzt die Arbeit der Spannungsverstärkung. Bei jedem Tausch, neudeutsch "Tuberolling", ging es klanglich nach vorn. Auch die Gleichrichterröhre ist durch ein hochwertiges Produkt aus Sovjet-Produktion ersetzt. Leider haben viele moderne Röhren von JJ oder TAD gar nicht gut geklungen. Der Ruf der alten Röhren hat erwiesenermaßen seine Berechtigung und mein Weg zur Klangschönheit war nicht ganz so linear wie hier beschrieben.



Mal mehr Dynamik, mal mehr Auflösung - es macht einfach Freude den Klang eines Gerätes selbst zu beeinflussen, womit wir wieder beim Thema von OJAS wären: "You Build It You Own It" . Während um die 100 € für die Präziosen aus Amerika oder die Schätzchen aus Deutschland schon viel Geld sind, habe ich lange gebraucht, um den letzten Schritt zu gehen.



Umso größer war die Freude diese wunderschönen Röhren von Western Electric endlich in den Händen zu halten.

Und was soll ich sagen? Es ist einfach nur klangschön!

Exakt wie im Telefunken-Werbefilm wird Musikhören zum Genuss. Die Musik ist einfach nur da. Kein Wunsch nach mehr oder weniger. Übrigens muss ein Röhrenverstärker weder Brummen noch Rauschen, vorausgesetzt man hat vernünftiges Material. Auch das habe ich gelernt.


Damit bin ich an einem wunderschönen Punkt angelangt, den ich mit einem Gleichnis beschreiben möchte, bevor ich mich wieder dem Holzhandwerklichen widme.


Die Klangschönheit eines guten Röhrenverstärkers ist mit einem photorealistisch gemalten Bild zu vergleichen. Es spricht an und berührt. Andere Verstärker sind wie ein Foto der gleichen Szene noch detaillierter oder haben mehr Farbnuancen. Man könnte sagen, sie kommen der Realität näher, doch sind sie nur so gut wie der Chip, der das Licht gewandelt oder der Algorithmus, der die Datei nachbearbeitet hat.

Mit der Realität haben Foto und Gemälde gleichwenig zu tun. Es fehlt der Geruch, der Klang, etc. der Szene. Wenn die Wiedergabe von Musik über Lautsprecher ebensoweit weg von Musizieren ist, wie die Abbildung von der Szene selbst, dann wähle ich doch lieber das Abbild, das mich emotional berührt. Darin liegt, meines Erachtens, die Bedeutung von guten Röhrenverstärkern wie von guter Malerei. Das Wesentliche liegt zwischen den Tönen.





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